Als Nahtstelle zwischen Bundesparlament und Bundesministerien und psychiatrischer Fachwelt ergibt sich der Handlungsspielraum der Aktion Psychisch Kranke aus den gemeinsamen Vorstellungen der im Bundestag vertretenen Parteien und der psychiatrischen Fachwelt bezüglich der Erreichung gemeindepsychiatrischer Reformziele.
PSYCHISCH KRANKE MENSCHEN IN DEUTSCHLAND
Die Wahrscheinlichkeit, an seelischen Störungen zu erkranken, ist größer, als allgemein angenommen wird. Ein Drittel der deutschen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 79 Jahre ist pro Jahr von ausgeprägten psychischen Störungen betroffen:
· Davon begeben sich nur ein Drittel (11 % der Bevölkerung) jährlich wegen einer psychischen Störung in ambulante ärztliche Behandlung. Davon wird der überwiegende Teil von Hausärzten behandelt.
· Bei knapp 22% der Kinder und Jugendlichen liegen Hinweise für eine psychische Auffälligkeit vor, etwa zehn Prozent davon sind „sehr wahrscheinlich psychisch“ auffällig.
· Über 5 % der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (ohne Rentner) wird jährlich wegen einer psychischen Erkrankung durchschnittlich 34 Tage arbeitsunfähig.
· Mehr als 1 % der Bevölkerung wird jährlich wegen psychischer Krankheiten in psychiatrischen Krankenhäusern und Abteilungen aufgenommen.
· Etwa 2 % der Bevölkerung braucht eine längerfristige Behandlung, Rehabilitation, Begleitung und Unterstützung aufgrund einer schweren, psychischen Erkrankung oder Behinderung.
· Mit der Zunahme des Anteils älterer Menschen in der Bevölkerung steigt überproportional die Zahl der von psychischen Krankheiten Betroffenen, z. B. leiden ca. 35 % der über 90-jährigen an Demenz.
Psychische Krankheiten haben Einfluss auf das Erleben, Befinden und Verhalten und können die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen erheblich beeinträchtigen, zumal die Betroffenen noch immer gesellschaftlich diskriminiert werden.
Für die meisten psychisch- oder suchtkranken Personen gibt es inzwischen gute Behandlung und Hilfen. Das Ziel von Gemeindepsychiatrie ist es, dass auch die schwer und chronisch psychisch kranken Menschen in ihrer Stadt/in ihrem Kreis auf Dauer leben können. Denn niemand ist so krank, so behindert, so beeinträchtigt, dass sie/er vom Leben in der Gemeinde ausgeschlossen werden müsste, wenn die notwendigen – psychiatrischen und nicht psychiatrischen – Hilfen vorhanden sind.