1. Das Projekt
Die Psych-PV regelt die Personalausstattung der psychiatrisch-psychotherapeutischen
Fachkrankenhäuser und Fachabteilungen. Doch durch die Koppelung der Psych-PV an die Bundespflegesatzverordnung (BPflV) konnte die gesetzlich garantierte Personalausstattung seit 1996 (Basispflegesatz seit 1993) immer weniger realisiert werden, da die tariflich bedingten Personalkostensteigerungen jeweils über der maximal verhandelbaren Veränderungsrate lagen.
Am 1. April 2005 erteilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) der AKTION PSYCHISCH KRANKE (APK) den Auftrag, eine Umfrage zum Stand der Realisierung der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) durchzuführen. Die APK bildete eine Arbeitsgruppe mit allen relevanten Spitzen- und Fachverbänden incl. DKG und VdAK. Mit der Durchführung und Auswertung der Umfrage wurde die Psychiatrische Versorgungsforschung des Zentrums für Psychiatrie Weissenau beauftragt. Die zentrale Zielsetzung der Erhebung galt der empirischen Ermittlung des Psych-PV-Erfüllungsgrades, d.h. der Frage, inwiefern der Vollkräfte-Planbedarf nach Psych-PV im Budgetjahr 2004 von den Einrichtungen tatsächlich realisiert werden konnte.
Von den 368 Einrichtungen der Erwachsenen-Psychiatrie und –Psychotherapie (EPP), die die Psych-PV im Jahr 2004 angewendet hatten, beteiligten sich N=255 (69,3%) an der Umfrage. Der Psych-PV-Erfüllungsgrad war bei N=196 (53,3%) dieser Einrichtungen ermittelbar, die über 31303 Planbetten (66,4% aller Planbetten der EPP) verfügen. Von den 119 Einrichtungen der KJPP, die die Psych-PV im Jahr 2004 angewendet hatten, beteiligten sich N=74 (62,2%) an der Umfrage. Der Psych-PV-Erfüllungsgrad war bei N=58 (48,7%) dieser Einrichtungen ermittelbar, die über 2276 Planbetten (51,3% aller Planbetten der KJPP) verfügen.
Ergebnisse
Im Durchschnitt lag der Psych-PV-Erfüllungsgrad im Budgetjahr 2004 über alle Berufsgruppen bei 90,1%, der Median bei 90,6%. Die Varianz zwischen den Einrichtungen war hoch. Für 29% der Planbetten lag der Psych-PV-Erfüllungsgrad unter 85%, für 13% unter 80%; nur 18% hatten noch 95% und mehr. - In der KJPP lag der Psych-PV-Erfüllungsgrad bei 87,9%, der Median bei 87,7%. Auch hier war die Varianz zwischen den Einrichtungen hoch. Für 45% der Planbetten lag der Psych-PV-Erfüllungsgrad unter 85%, für 23% unter 80%, nur für 11% beträgt er 95% und mehr.
Der Grund für die allgemeine Absenkung der gesetzlich garantierten Personalausstattung liegt wie oben beschrieben darin, dass seit 1996 die tariflich bedingten Personalkostensteigerungen jeweils über der maximal verhandelbaren Veränderungsrate lagen.
Die großen Unterschiede in der Personal-Realisierung nach Psych-PV haben vielfältige Ursachen, über die nur kasuistische Informationen vorliegen, z. B. örtlich unterschiedliche Durchsetzbarkeit in Verhandlungen; bei der Aufstockung bis 1995 nicht 100 % erreicht und weitere Aufstockung durch Deckel blockiert; neue Klinik nach 1995 und deshalb „Sinkflug“ unter dem Deckel weniger weit fortgeschritten.
Im Zusammenhang mit der Psych-PV hat in den psychiatrisch-psychotherapeutischen Kliniken eine erhebliche Leistungsverdichtung stattgefunden: Seit 1991 – 2004 stiegen die Fallzahlen um 80%, aber die Verweildauer sank 63%, ebenso nahmen ab die Pflegetage um 33% und die aufgestellten Betten um 37% (vgl. Anlage 1 & 2 zum Projektbericht, Zahlen des Statistischen Bundesamtes); Pflichtaufgaben ohne Gegenfinanzierung kamen hinzu z. B. Qualitätssicherung und Dokumentation,
neue Weiterbildungsordnung Ärzte.
2. Kommentar
Zwar hat die volkswirtschaftliche Bedeutung psychischer Erkrankungen erheblich zugenommen (Arbeits-Unfähigkeitstage, Frühberentungen, wegen Krankheit/Behinderung verlorene Lebensjahre) aber die Voraussetzungen zur qualifizierten Behandlung sind seit über 10 Jahren immer schlechter geworden. In einem erheblichen Teil der Kliniken sind Personalverhältnisse wieder eingetreten, wie vor Einführung der Psych-PV: z. B. Zeit der Ärzte für therapeutische Gespräche mit Patienten und Angehörigen weniger als die Hälfte der nach Psych-PV vorgegebenen Zeit.
Die Evaluation der Psych-PV 2005 ergab einerseits, dass die Psych-PV der allgemein anerkannte Maßstab zur Personalausstattung für Psychiatrisch-Psychotherapeutische Kliniken ist, dass aber andererseits die Unterfinanzierung der Personalstellen nach BPflV die Besetzung mit entsprechendem Personal zunehmend gefährdet – bei erheblicher Leistungsverdichtung (Zunahme der behandelten Fälle und Personen sowie zusätzliche Aufgaben).
Das bisherige System führt zu einer großen Varianz der Personalausstattung und damit vielerorts zu nicht bedarfsgerechter Versorgung.
Die sektorale Fragmentierung der Krankenhausleistungen (stationär, teilstationär, ambulant) behindert die Effizienzverbesserung in den Kliniken.
Auf die ausführliche Kommentierung durch die AG Evaluation der Psych-PV im Schreiben der APK an Staatssekretär Dr. Schröder vom 15.01.2007 wird verwiesen.
Folgende Dokumente können Sie auf der rechten Seite herunterladen: